Finché c’è vita, c’è speranza
- Carola Schmid
- 28. Mai 2024
- 8 Min. Lesezeit
Montagabend, 13. Mai 2024 um 18:00 Uhr Alegre hat ihren Standplatz am Land eingenommen und wir wurden von Pasquale in unsere vorläufige Unterkunft gefahren. Dort angekommen hiess es kurz einpuffen und Kiano ins Bett bringen. Was für ein Tag auch wir waren hinüber und freuten uns nach einer Pizza auf eine Mütze Schlaf. Am nächsten Morgen wurde uns vom Inhaber unserer Unterkunft zuerst ein sensationeller Cappuccino zubereitet, welcher mit soviel Liebe zubereitet wurde und bis anhin der beste Cappuccino war den wir in Italien getrunken haben und dies sind Viele.

Der bis heute beste Cappuccino "Con tanto amore".
Anschliessend haben wir den Vormittag mit einem Spaziergang durch Sapri und Wäsche waschen vertrieben. Irgendwie mussten wir die Zeit rumbringen, denn erst gegen 15.00 Uhr werden wir wissen, wie es um unsere "Alegre" steht. Wir waren guter Dinge und hofften natürlich auf gute Neuigkeiten. Daher übrigens auch der Titel, der auf Deutsch soviel bedeutet wie "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Wir waren sogar so optimistisch, dass wir nur eine Nacht im Hotel gebucht haben, aber dazu später mehr. Wir sind dann überpünktlich um 15.00 Uhr in der Werft eingetroffen. Um 15.30 Uhr kam dann Pino mit seinem alten, blauen Fiat 500 angedüst, welcher im Inneren so voll gestopft war mit Werkzeug, dass man gerade noch knapp seinen Kopf sehen konnte.

Das Innere von Pino's Auto.
Nun wurden wir alle ein bisschen nervös, denn jetzt entscheidet sich, ab wann wir unsere Zuhause wieder beziehen dürfen. Und es waren leider nicht die erhofften, aber trotzdem halbwegs gute Nachrichten. So wie es aussieht hat "Alegre" keine strukturellen Schäden davongezogen und der Kiel muss nicht demontiert werden. Gemäss Pino seien die Arbeiten, Schaden am Kiel abschleifen, flicken und die Kielschrauben anziehen bis Mittwoch spätestens Donnerstagmorgen erledigt. Wir waren natürlich hoch erfreut und machten uns anschliessend zurück in unser Appartment. Von der Hoffnung und unserem Optimismus getrieben verlängerten wir vorläufig "nur" um eine Nacht. Am Mittwoch Mittag machte sich Pascal dann direkt auf den Weg in die Werft um den Fortschritt zu betrachten. Da wurde er aber eines Anderen belehrt. Dort angekommen, war "Alegre" immer noch im selben Zustand wie am Dienstagnachmittag. Somit wurden keine weiteren Arbeiten verrichtet. Nachdem er die gesamte Werft nach Pino oder Claudio absuchte, wurde er dann schliesslich fündig und wollte wissen, wie die Arbeiten vorangehen. Da wurde ihm mitgeteilt, dass die Muttern nun doch ausgewechselt werden müssen und wir mit etwa 7 Tagen Lieferfrist rechnen müssen bis die Neuen vor Ort sind.

Blick in unsere Bilge vor und...

...nach der Reparatur.
Natürlich liess Pascal nicht locker und meinte dann, sie können somit alle anderen Arbeiten erledigen, dass letztendlich nur die neuen Muttern montiert werden müssen und wir dann unser Boot wieder einwassern können und somit keine weitere Zeit verlieren. Jeder neue Tag war eine Achterbahnfahrt. Zum guten Glück hatten wir einen hervorragenden Gastgeber, wo wir unglaublich spontan jeweils unser Zimmer verlängern konnten, gut wir waren auch die einzigen Gäste in der Unterkunft. Am Donnerstag entschied sich Pascal dann den gesamten Tag auf der Werft zu verbringen und den Arbeitern ein bisschen Feuer unter dem Hintern zu machen. Dies gelang im hervorragend und als er am Donnerstagabend zurückkam, waren beinahe alle Arbeiten bis auf die Muttern sowie das Anstreichen des Unterwassers erledigt. Am Freitagmittag bekam ich dann das erfreuliche Telefon von Pascal mit der Nachricht, dass die Arbeiten noch heute vor der Mittagspause erledigt sein werden.

Unsere "Alegre" glänzt wie neu.

Der Schaden wurde professionell behoben.
Das waren schon mal sensationelle Nachrichten, jetzt mussten wir noch das "Go" von der Versicherung bekommen, dass der Schaden übernommen wird. Dafür wurde wiederum der Rapport von dem Experten Pasquale benötigt. Somit legte Pascal am Freitagnachmittag ein Telefonmarathon seines gleichen hin. Sein klares Ziel war, dass wir am Samstag unser "neurenoviertes" Zuhause beziehen, Sapri hinter uns lassen und weiter nach Maratea segeln werden. Und wenn Pascal sich ein Ziel gesetzt hat wird dies erreicht, komme was wolle. Notiz am Rande: Er hat Pasquale sogar dazu gebracht den Rapport an seinem Namenstag fertigzustellen und an die Versicherung zu senden. Den so ein Namenstag ist in Italien ein hoher Feiertag für denjenigen, der ihn feiert, Pascal hatte somit auch was zu feiern...;) Ich kann nur den Hut heben, für das was er die Tage an Land geleistet hat, ohne ihn wären wir vermutlich immer noch in Sapri die Zeit am vertreiben.

Welch Gastfreundschaft. Der Hotelbesitzer hat uns am Samstag sogar mit dem Auto in den Hafen gebracht.
Denn tatsächlich konnten wir am Samstag, 18. Mai 2024 wieder die Segel setzen und unser Reise fortsetzten. (Anmerkung von Pascal: "Ohne Carola, die sich so fürsorglich und liebevoll um Kiano gekümmert hat, wäre all dies gar nicht erst möglich gewesen!)

Yes, wir sind wieder unterwegs.
Knapp 6 Meilen weiter südlich, haben wir dann unsere Zuhause für eine Nacht im Hafen von Maratea vertaut und es ging früh zu Bett denn am nächsten Morgen wollten wir mit der Dämmerung lossegeln und die 80 Seemeilen nach Tropea zurücklegen. Der vorerst letzte geplante Stopp am Festland für eine lange Zeit.

In Maratea steht übrigens die zweithöchste Jesusstatue der Welt, nach Rio de Janeiro.
Am Sonntagabend, 19. Mai 2024 um 17.00 Uhr haben wir dann in Tropea angelegt und durften direkt Bekanntschaft mit der Crew von Raffaelesco aus Kalifornien machen. Suzette und Bill sind so ziemlich um dieselbe Uhrzeit um etwa 05.30 Uhr von einer Bucht aus gestartet. Das Wetter war ziemlich unvorhersehbar und es war ein stetiger Wechsel von segeln zu motoren. Die ersten Stunden hatten wir blauen Himmel und angenehme Temperaturen. Dann nahm die Bewölkung stets zu und etwa 15 Meilen entfernt von Tropea entdeckte wir dann eine Gewitterzelle, welche über die liparische Inselgruppe in Richtung Festland zog. Ich räumte das Cockpit frei und ging mit Kiano unter Deck, währenddessen machte Pascal seine Regensachen bereit und zog sich die Schwimmweste sowie Lifebelt über. Wir waren somit wunderbar vorbereitet, sollte das Gewitter über uns ziehen und der Wind, welcher momentan mit knapp 25 Knoten blies, stärker werden. Die Wellen waren mit 1.5 Meter überschaubar und die Regenfront konnte man beobachten, wie sie langsam in unsere Richtung zog. Im Luv von uns war Raffaelesco immer noch unter Segel unterwegs, was für uns auch ein Zeichen war, dass der Wind wohl noch nicht allzu sehr aufgefrischt hat. Wir wiederum hatten die Segel bereits geborgen und waren unter Motor unterwegs. Wie sich anschliessend herausstellte, wurden sie komplett vom Regen verschont und sind direkt vor der Regenfront weggesegelt. Auch wir wurden vom grossen Gewitter verschont und kamen beinahe trocken in der Marina di Tropea an.
Unterwegs nach Tropea.
Als wir dann angelegt hatten, schien uns bereits die Sonne wieder ins Gesicht. Gegenüber von unserem Liegeplatz war direkt eine Pinseria und für uns war klar, dass heute kein Kochlöffel mehr geschwungen wird.
Ausgeschlafen freuten wir uns endlich wieder einen neuen Ort zu entdecken, nachdem wir nun doch für knapp eine Woche "gegroundet" waren. Tropea ist eine wunderbare Stadt. Auch wenn diese einige Höhenmeter vom Hafen entfernt ist, ist sie ein wahres Juwel. Wir haben uns nach dem Aufstieg den Cappuccino in einem kleinen süssen Kaffee in der zauberhaften Altstadt wahrlich verdient. Wir sind dann noch durch die überschaubare Stadt geschlendert, um uns anschliessend dem Boot zu widmen, denn dieses hat einen Frühlingsputz verdient. Somit verbrachten wir die nächsten Stunden an Bord um unser Zuhause wieder auf Vordermann zu bringen. Nun war es an der Zeit für ein Gelati und wir machten uns erneut auf den Weg die rund 500 Treppenstufen hoch in die Altstadt. Tropea hat uns so gut gefallen, dass wir uns entschieden haben bis am Mittwoch den 22. Mai zu bleiben. Wobei es nicht nur Tropea sondern auch die Wetter- und Windvorhersage war, welche uns die Entscheidung nicht schwer fallen liess. Denn als nächstes stand die Durchfahrt der Strasse von Messina an. Bei welcher es wünschenswert ist, wenn der Wind aus Norden kommt und die Durchfahrt mit der Strömung in den Süden stattfindet. Somit haben wir das perfekte Wetterfenster abgewartet.

Blick auf das "Santuario di Santa Maria dell'Isola di Tropea".

Unsere kleine, bezaubernde Familie.
Wir haben dann am Mittwoch in die Bucht von Scilla, welche nur knapp 2 Meilen von der Durchfahrt entfernt ist, verlegt. Dann am Donnerstagmorgen um 07:15 Uhr haben wir den Anker gelichtet und uns auf den Weg nach Taormina begeben. Wir hätten das Zeitfenster für die Durchfahrt nicht besser treffen können. Mit knapp 15 Knoten Wind aus Norden und mit der Strömung von ca. 1.2 Knoten in den Süden waren wir mit knapp 8.5 Knoten Fahrt unterwegs. Nachdem wir die engste Passage passiert haben, wurden die Segel gesetzt und wir hatten beinahe einen Anlieger in die Bucht vor Taormina, wo wir die nächsten zwei Nächte verbringen werden. Da wir sowohl für die Überfahrt nach Tropea als auch für den nächsten Schlag in die Bucht von Scilla nicht gerade die besten Winde hatten, war dieser Tag ein wahres Geschenk. Alegre schwebte wahrhaftig über die Wellen. Es war einer dieser Momente, wo man die Zeit am liebsten anhalten würde.

Durchfahrt Strasse von Messina.

Die beiden Männer am geniessen.
Was für ein traumhafter Segeltag.
Um 13:30 Uhr haben wir dann den Anker in der Bucht vor Taormina geworfen. Pascal kümmerte sich um das Abendessen und ich und Kiano verpulverten noch seine restliche Energie auf der Liegewiese an Deck. Als der Kleine dann seinen Schlaf gefunden hatte, liessen wir den Abend zu zweit ausklingen. Einer der ersten Abende vor Anker wo wir auch nach Sonnenuntergang noch mit dem T-Shirt an Deck sitzen konnten, da die Temperaturen mittlerweile doch in Richtung Sommer gehen. Was mich natürlich hocherfreut, Pascal hingegen fragt sich was er sich denn im Sommer noch anziehen solle. Den nächsten Tag in der Bucht nutzten wir das ganze Metall an Deck zu polieren und die Gummidichtungen an allen Luken zu fetten, damit diese wieder einen besseren Schutz vor der täglichen Sonneneinstrahlung haben und nicht spröde werden. Wir haben jedoch gesagt, dass wir die Arbeiten an Bord auf 2 Stunden limitieren und den Rest geniessen werden. Ganz haben wir es doch nicht geschafft. Es wurden letztendlich 3 Stunden Arbeit und so ein Kleinkind bringt schliesslich auch stets "Arbeit" mit sich. Somit war nichts mit sich in die Sonne legen und sich einem guten Buch zu widmen, dafür haben wir gemeinsam Fische gefüttert, die Füsse im Meer gebadet und ungefähr 10x den Turm aufgebaut, damit Kiano diesen wieder zerstören konnte. Übrigens entwickelt sich der kleine Wirbelwind prächtig und mittlerweile hält er uns durchgehend auf Trab. Er krabbelt durch die Kabine in Lichtgeschwindigkeit und schafft es bereits sich bei jeder noch so kleinen Erhöhung ins Stehen zu bringen. Man könnte wohl auch sagen ganz die Eltern. Jeden Tag an dem wir unserem kleinen Wunder beim Wachsen und Erkunden zuschauen umso mehr verliebt man sich in dieses zauberhafte Wesen. Nun genug geschwärmt. Auf alle Fälle haben wir nach einer weiteren Nacht in der Bucht vor Taormina am nächsten Morgen den Anker gelichtet und sind 40 Meilen weiter in den Süden nach Syrakus gesegelt.

Vollmond in der Bucht von Taormina.
Zu Beginn hatten wir einen traumhaften Raumwindkurs und sind nur mit der Genua knapp 8 Knoten gesegelt. Der Wind hat dann leider nach knapp 2 Stunden nachgelassen und wir setzten zusätzlich das Grosssegel, kaum war dieses gesetzt hatte wir nur noch knapp 3 Knoten Wind und diesen so ziemlich direkt von hinten. Somit wurden die Segel geborgen und wir stellten den Motor an. Als der Wind dann wieder auffrischte, wurden die Segel erneut gesetzt und wir segelten gemütlichen mit 4.5 Knoten in Richtung Süden. Da für später noch ein grösseres Gewitter vorhergesagt war, borgen wir dann die Segel und stellten den Motor an, damit wir es zeitlich noch in den Hafen schaffen. Was für ein Timing, kaum hatten wir "Alegre" um 16:30 Uhr im Hafen Lakkios von Syrakus vertaut, nahm der Wind schlagartig zu und die dunklen Wolken zogen langsam in Richtung Hafen. Keine 20 Minuten später regnete es in Strömen. Wir genossen es unter Deck und kuschelten uns ganz nahe aneinander und schauten auf die Luke wie der Regen niederprasselte. Wir sind dankbar, dass wir wieder unterwegs sein dürfen und unser Abenteuer Segelreise weiterführen können. Nun hiess es aber erstmal auf Sizilien ankommen und die wunderbare Stadt Syrakus zu entdecken.
Bis dahin "Servus und Tschüss".
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