Gone with the Wind
- Carola Schmid
- 6. Aug. 2024
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Aug. 2024
Am Montagmorgen, 15. Juli 2024 liegen wir nur noch zur dritt in der Bucht Torre di Stelle vor Anker. Das Wochenende ist vorbei und es sind Backbord von uns ein Franzose und Steuerbord ein Deutscher. Das Wasser strahlt im schönsten Türkis und der Wind weht angenehm durchs Boot. Wir beginnen unseren Tag mit einem Landspaziergang und erkunden die wilden, kakteenüberwucherten Wälder.

Erdkunde: Thema Kakteengewächse.
Drohnenflug.
Bevor es zurück aufs Boot geht, kann sich Kiano im Sand austoben, währenddessen geniessen wir beide einen Cappuccino und den Blick auf unsere "Alegre". Zurück auf dem Boot macht der kleine Mann seinen Mittagsschlaf und Pascal widmet sich seinem neu entdeckten Sport dem Freitauchen. Zur Zeit fühlt es sich wie Urlaub an. Die Arbeiten am/ums Boot sind erledigt, wobei man sagen muss es gäbe da doch noch so einige kleinere Arbeiten, aber die lassen auf sich warten, und wir können die Familienzeit richtig intensiv geniessen und lassen uns einfach vom Wind treiben. Am letzten Abend in dieser Bucht sind wir alleine und werden bei der Dämmerung tatsächlich von Delfinen vor Anker besucht. Was für ein unvergesslicher Moment und dabei noch ein traumhafter Sonnenuntergang.

Seht ihr auch den Riesen schlafen?
Am Mittwoch, 17. Juli passt die Windrichtung und wir verlegen in die Bucht Baia di Nora, welche südwestlich in der Bucht von Cagliari liegt. Mit gemütlichen 5 Knoten segeln wir in den Westen von Sardinien.
Überfahrt in die Baia de Nora. Aus geplanten 3 Nächten wurden 8 Nächte.
Nach 4 Stunden und 20 Seemeilen werfen wir den Anker und geniessen ein kühles Bad. Für die nächsten Tage kommt der Mistral auf, welcher mit knapp 30 Knoten in der Böe vorhergesagt ist und dies ist die vorab letzte Bucht, welche durch das vorgelagerte Gebirge noch geschützt ist von den stürmischen Winden. Ab Montag sollte der Mistral nachlassen und wir planen dann weiter in den Süden zu segeln. Bis dahin geniessen wir den traumhaften Ort. Mittlerweile sind bereits 7 Tage vergangen, seit wir den letzten Einkauf getätigt haben und das Gemüse und die Früchte neigen sich dem Ende zu. Glücklicherweise hat es vom Strand in die Stadt einen Bus. Dieser Fährt zwar lediglich knapp alle 3 Stunden, erspart uns jedoch 40 Minuten Fussmarsch bei knapp 35 Grad Aussentemperatur. Somit machen wir uns am Freitagmorgen um 08:00 Uhr mit dem Dinghy auf den Weg ans Land, um den ersten Bus ins Dorf zu erwischen. Voll bepackt kommen wir gegen Mittag wieder auf dem Boot an.

Kleiner Hungerrast während dem Grosseinkauf.
Am Sonntag, 21. Juli wollte ich am Morgen für unseren kleinen Monsieur das Mittagsessen vorbereiten und habe die Süsskartoffeln geschält und das Wasser auf dem Gasherd bereitgestellt. Just in dem Moment ist das Gas ausgegangen. Vor knapp 3 Tagen haben wir beide noch gewitzelt und gemeint, dass die Gasflasche wohl ziemlich lange hält. Ohne gross zu überlegen, ging Pascal an Deck und wollte die leere gegen die volle Gasflasche austauschen. Jedoch musste wir feststellen, dass wohl beide Gasflaschen leer waren und somit war auch klar warum die "eine" Gasflasche so lange gehalten hat. Somit war klar, dass das Mittagessen heute wohl kalt bleibt. Jedoch stellt sich zwingendermassen die Frage, woher bekommen wir eine volle Gasflasche? In dem kleinen Dorf wo wir eingekauft haben, wird es vermutlich ziemlich unmöglich sein eine Gasflasche zu finden und wenn, dann mit einem grösseren Aufwand verbunden. Eine andere Option wäre, dass wir nur noch draussen auf unserem kleinen Gasgrill mit kleinerer Gasflasche kochen würden, was jedoch die sowieso schon erschwerten Kochbedingungen, nicht gerade erleichtern würden. Bis Pascal auf die glorreiche Idee kam, bei unserem Nachbarn mit seinem Segelschiff namens "Ardella" ebenfalls unter Schweizer Flagge, nachzufragen, ob wir bei ihnen allenfalls eine volle Gasflasche abkaufen dürfen. Ohne Weiteres ging er den Deal mit uns ein und wir mussten dank Daniel und Jevgenia und dem zuckersüssen Hund Leo nicht auf die kalte Küche umsteigen. Neues Gas war angeschlossen und wir konnten uns wieder dem Geniessen widmen. Danke vielmals an die Crew der Ardella. In der Bucht befindet sich die Ausgrabung der Stadt Nora, welche die erste Stadt in ganz Sardinien war. Gebildet wurde sie durch die Griechen, übernommen von den Römern und gemäss Google hatten auch die Iberier aus Spanien ihre Finger im Spiel. Errichtet wurde die Stadt 800 v. Chr.. Da wir indirekt durch den doch länger anhaltenden Mistral "gezwungen" waren länger zu bleiben, nutzten wir die Zeit um die Ausgrabungsstätte zu besuchen.

Morgenspaziergang durch die Ausgrabungen Nora.

Wunderschön erhaltenes Mosaik.
Die Ausgrabungsstätte war wirklich zum Teil überraschend gut erhalten. Anscheinend befindet sich ein grosser Teil der ehemaligen Stadt unter Wasser. Natürlich machte sich Pascal am Tag darauf auf die Suche der "Überbleibsel" unter Wasser. Nach gefühlt 2 stündiger Suche kam er leider erfolglos zurück an Bord.

Somit gehts mit Kiano ab ins Wasser. Der Kleine kann nicht genug vom Wasser bekommen.

Die tägliche Decksrunde darf nicht fehlen. Während 30 Minuten darf Kiano das gesamte Boot unsicher machen.
Wie zu Beginn erwähnt, wurden die Arbeiten am Boot weniger, aber ausgehen werden sie nie. Somit haben wir uns der Lüftung für unseren Kühlschrank gewidmet. Gerade bei heissen Temperaturen überhitzt er gelegentlich und die Besteckschublade oberhalb des Kühlschranks musste entfernt werden. In Villasimius haben wir uns ein Lüftungsgitter gekauft, welches nun installiert wurde. Natürlich wurde das Stück Holz, das wir schweren Herzens aus "Alegre" herausgeschnitten haben nicht entsorgt sondern recycelt und dient mittlerweile als Kinderspielzeug für Kiano. Ein Stück weit war es auch eine angenehme Bastelarbeit für uns zwei erwachsenen Kinder.

Unsere abgeschlossene Bastelarbeit.
Am Donnerstag, 25. Juli wurde der Anker gelichtet und wir verliessen die Bucht, in welcher wir seit Anfang unserer Reise bis anhin am Längsten vor Anker lagen. Wir segelten knapp 12 Meilen weiter in den Süden, wo wir in der Bucht Sa Gideau ankerten. Eigentlich wollten wir noch weiter in den Südwesten segeln, jedoch waren sowohl die Wellen als auch der Wind um das Kap herum einiges stärker und wir entschieden uns kurzerhand hier die Nacht zu verbringen und am nächsten Morgen weiterzusegeln. Wir hatten auf dem Boot erschwerte Bedingungen, den der Wind blies mit knapp 30 Knoten und das Mittagessen wurde eine Challenge. Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg nach Porto Pino, die letzte Ankerbucht bevor wir uns für längere Zeit von Italien, nach gesamthaft über 3.5 Monaten, verabschieden und nach Mallorca weiter segeln werden.
Am Samstagmorgen, 27. Juli machten wir uns am morgen auf den Weg ins kleine Dorf um den Proviant für die Übersegelung aufzustocken.

Dinghyparkplatz für dein Einkauf und Abholort für Opi.
Peter wird unsere Crew verstärken und wird uns für die knapp 250 Seemeilen Nonstop nach Mallorca begleiten. Zurück auf dem Boot wird "Alegre" für die längere Überfahrt vorbereitet. Opi wird gegen 16:00 Uhr in Porto Pino ankommen. Gemäss Windvorhersage werden wir sobald er bei uns an Bord ist, den Anker bergen und unsere längere Reise beginnen.

Endlich Opi an Bord.
Zu Beginn planten wir nach Menorca, Mahon zu segeln, jedoch waren alle 4 Häfen bereits 10 Tage vorher ausgebucht. Da wir mit dem Frischwasser bereits auf Tiefstand sind und kein Hafen in Menorca die Möglichkeit hatte nur den Frischwassertank aufzufüllen, entschieden wir uns kurzerhand dazu direkt nach Mallorca zu segeln. Nicht nur der Frischwassertank war der Grund sondern auch die Sehnsucht nach Omi. Diese ist nämlich am Sonntag, 29. Juli in Mallorca gelandet und rechnet frühstens ab dem 1. August mit uns. Wir hatten traumhafte Bedingungen und durften die ersten 24 Stunden segeln.

Traumhaft!

Flaggenwechsel. Unterwegs in spanischem Gewässer.

Unbezahlbar.
Sonntagabend gegen 20:00 Uhr flaute der Wind ab und wir borgen die Segel und starteten den Motor. In der Nacht als Pascal die Schicht hatte, setzte er zeitweise die Genua und der Speed nahm um knapp 1 Kn/h zu.

Rotlicht während der Nacht.
Am Montagmorgen ist dann Land in Sicht. Zu diesem Zeitpunkt haben wir Kurs auf Canyamel. Denn auch in Mallorca waren bereits alle Liegeplätze, bei den möglichen Häfen ausgebucht. Wir planten somit eine Nacht vor Anker und anschliessend wollten wir ins Bojenfeld nach Protocolom verlegen, wo wir unseren Frischwassertank auffüllen können und "Alegre" eine Auszeit gönnen werden. Als wir dann Netzempfang hatten, versucht ich mein Glück und erkundigte mich beim Hafen Portocolom, ob dieser eine freie Boje für uns hätte. Glücklicherweise war die Rückmeldung positiv und wir nahmen direkt Kurs. Um 12:30 Uhr passieren wir den Leuchtturm in Portocolom und über Funk wird uns mitgeteilt, dass sogar ein Liegeplatz für uns verfügbar ist. Somit haben wir nach 274 Seemeilen und knapp 43 Stunden "Alegre" im Hafen von Portocolom vertaut. Opi unterstützte uns tatkräftig "Alegre" vom Salzwasser zu befreien und das Deck zu schruppen. Gegen 15:00 Uhr glänzte unser grosses Baby wieder wie neu. Nun freuen auch wir uns auf eine langersehnte, wohlverdiente und ausgiebige Dusche.
Nicht zu vergessen zu erwähnen, bis anhin hatten wir kein Anglerglück, bis auf der Überfahrt tatsächlich ein Fisch angebissen hat. Fotos dazu haben wir leider keine, denn nach einem 60 minütigen Kampf hat der Fisch leider gewonnen. Wobei wir den Fang vermutlich bei der Grösse, die er wohl gehabt haben muss, kaum an Bord gebracht hätten. Denn der Fisch hat den Köder, eine Sardine mit einer Grösse von knapp 20cm und mit einem Stahlseil befestigt, tatsächlich durchgebissen.

Das was noch übrig war vom Köder.
Selbstverständlich versuchen wir unser Glück weiterhin. Wie das Sprichwort so schön sagt " Fortes fortuna adiuvat." - "Den Tüchtigen hilft das Glück." Wir halten euch auf alle Fälle auf dem Laufenden. Bis dahin geben wir uns weiterhin mit dem Thunfisch aus der Dose zufrieden.
Übrigens wir können richtig stolz auf uns sein. Am 4. Juli 2024 haben wir zum letzten Mal getankt in San Vito Lo Capo Sizilien und unsere Tankanzeige zeigt immer noch 4/5 an, bei einer Tankgrösse von 250 Liter. Wir hoffen nun die ist korrekt, nicht das es wie mit dem Gas ist und der Dieseltank plötzlich trockengelegt ist. Wobei wir selbstverständlich noch einen Notkanister an Bord hätten. Aber eben getreu dem Motto "Gone with the Wind" haben wir uns fortbewegt, wenn es die Natur zuliess. Was für ein Privileg. Ebenso haben wir es geschafft mit 500 Liter Frischwasser ganze 18 Tage zu haushalten. Unser Frischwasser dient auch als Trinkwasser. Wobei wir sagen müssen, die letzten 4 Tage war dann doch Wassersparen angesagt, was wiederum dazu führte, dass wir noch knapp 30 Liter Wasser im Tank hatten als wir in Portocolom, Mallorca angelegt haben. Nun verlassen wir "Alegre" zum ersten Mal seit Beginn im März freiwillig und geniessen Landurlaub mit der Familie im Haus auf Mallorca. Dazu beim nächsten Mal mehr.
Bis dahin "Servus und Tschüss."
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