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Um eine Erfahrung reicher

  • Autorenbild: Carola Schmid
    Carola Schmid
  • 25. Aug. 2024
  • 7 Min. Lesezeit

Für die Tage vom 14. - 16. August wurde eine Wetterwarnung für die Balearen durchgegeben. Ab Mittwoch dem 14. August um 12.00 Uhr hatten wir einen Liegeplatz für 2 Nächte gebucht. Da die ersten Gewitterzellen gemäss Vorhersage bereits in der Nacht auf Mittwoch über Mallorca ziehen würden, suchten wir eine gut geschützte Bucht in direkter Nähe zum Hafen. Zuerst versuchten wir noch eine zusätzliche Nacht im Hafen zu ergattern dieser war jedoch bereits komplett ausgebucht. Somit gings ab in die Bucht, wo wir am nächsten Tag bis kurz vor 12:00 Uhr abwettern können, da wir bis zum Hafen mit Anker bergen nur knapp 15 Minuten brauchen werden. Gesagt, getan. Unser Anker sass bombenfest und Pascal hat auch die Anker der umliegenden Booten abgetaucht, um einzuschätzen wieviel Kette diejenigen Boote gegeben haben und wie der Anker eingegraben ist. Gegen morgen um 04:00 Uhr wurden wir von Wetterleuchten in der Ferne geweckt. Jedoch blieb der Wind aus und auch das Gewitter zog südwestlich an uns vorbei.


Alle Vorbereitungen erfasst durch unseren Skipper Pascal.


Was sollte man alles beachten, wenn man eine solche Wettervorhersage hat und wie wir uns vorbereiten gerne hier mal aufgelistet. Auf dem Schiff ist dies einiges komplexer als Zuhause.


  1. Nach mehrfacher Überprüfung der Wettervorhersage sowie checken der lokalen maritimen Wetterdienste der Küstenwache und des Militärs war klar, das Unwetter kommt auf uns zu. Jedoch war nicht klar um welche Zeit, aus welcher Richtung und mit welcher Stärke das Gewitter eintreffen wird.

  2. Sichere Ankerbucht oder Hafen aussuchen. In unserem Fall blieb nur das Ankern übrig, was jedoch nicht minder sicher ist, wenn man richtig vorbereitet ist. Die Bucht sollte ablandige Winde haben, wenn also etwas passiert, sollte es einen aufs offene Meer treiben und nicht aufs Land. Bei diesem Unwetter jedoch war ein unerwarteter Windwechsel um 180 Grad die grosse Herausfordeurng für viele und führte zu zahlreichen gestrandeten Booten vor Formentera. Hier ein Link mit Videos zu den leider sehr tragischen Ereignissen: https://segelreporter.com/panorama/balearen-unwetter-yachten-an-der-kueste-angespuelt/

  3. Anker mit Ankersicherungsleine setzen. Wir nutzen hierfür die Handy Elastic von Lyros, welche noch 20% Dehnung zulässt, dies führt zu einer besseren Schockabsorbung für den Anker. Genügend Kette geben mindestens 5x Wassertiefe lieber 7x falls möglich danach Schwojkreis abtauchen. Ankeruhr setzen und umliegende Boote und deren Anker prüfen, damit die Gefahr für treibende Boote abgeschätzt werden kann.

  4. Alles an Bord unter Deck und dort gut verstauen. Beiboot sowie SUP an Deck fest verzurren. Grosssegel sicher mit Lazy Bag verstauen. Vorsegel mit mehrfachen Umdrehungen der Schoten einrollen. Keine Badehosen, Tücher etc. an der Reeling lassen. Badeleiter selbstverständlich reinnehmen. Schlüssel für Motor steckt und Ganghebel ist auf neutral, sodass nur noch gestartet werden muss. Je nach erwarteter Windstärke auch Bimini und Sprayhood einpacken. Hierauf haben wir verzichtet.

  5. Vor dem Schlafen gehen Schwimmweste mit Lifeline sowie Kleider und VHF Funk bereit legen, sodass man direkt an Deck kann. Leatherman (spezielles Seglermesser) bereit halten, falls die Ankersicherungsleine gekappt werden muss. Grosse Taschenlampe und Stirnlampe bereit legen. Sich im klaren sein, in welcher Himmelsrichtung die Bucht offen ist, sprich wo man aufs offene Meer gelangt, denn bei einem solchen Unwetter sieht man kaum mehr die eigene Hand vor Augen. Auch können Instrumente verrückt spielen, sodass man sich nur noch auf den Kompass verlassen kann.

  6. Wenn man auf alles vorbereitet ist Schlafen gehen, dabei die Luke oberhalb offen lassen, sodass man Wetterwechsel umgehend bemerkt und aufwacht.


All diese Vorbereitungen haben wir getroffen doch zum Glück traf schlussendlich das Gewitter nicht in der Nacht ein. Gegen 07:30 Uhr waren wir dann alle wach und wir überprüften die weitere Wetterentwicklung. Wir sahen, dass das Gewitter nun gegen Mittag bei uns eintreffen wird. So haben wir versucht beim Hafen ein "Early Check in" zu beantragen. Die Antwort auf unsere Nachfrage per Mail war relativ trocken und knapp: "Check in is at 12pm!" Am Vortag haben wir bereits mit unseren Ankernachbarn aus Deutschland gefunkt und ein allfälliges Treffen, je nach Wetterentwicklung für morgen abgemacht. Bereits in Soller durften wir mit Stephan und Börni Bekanntschaft machen. Sie haben mit ihrem Segelboot "Johanna" direkt neben uns geankert und wir kamen direkt ins Gespräch. Zufälligerweise haben sie dieselbe Bucht für das Unwetter ausgesucht wie wir und so haben wir sie dann für einen Frühstückskaffee zu uns eingeladen. Nach einem gemütlichen Gespräch wurde Kiano für seinen Morgenschlaf in die Kabine gebracht und wir beide bereiteten das Boot vor, damit wir jederzeit bereit sind den Anker zu bergen. Natürlich wurde stets beobachtet, wie sich das Wetter entwickelt. Vorhergesagt war, dass das Gewitter aus Norden über die Insel ziehen wird, warum wir wiederum im Süden in einer Bucht Zuflucht gesucht haben. Jedoch konnten wir bereits jetzt beobachten, dass sich die Wolken im Süden auftürmten und der Wind das Gewitter langsam zu uns rüberbringt. Allenfalls werden wir auch in der Bucht abwettern und anschliessend in den Hafen verlegen. Da die Wolke noch weiter entfernt waren entschieden wir uns um 11:30 Uhr den Anker zu bergen und machten uns auf den Weg in die Marina. Die dunklen Wolken kamen näher und es war nur noch eine Frage der Zeit bis es anfängt zu regnen. Kurz vor der Einfahrt in den Hafen funkten wir über den Kanal 9 die Marinamitarbeiter an, um ihnen unsere Ankunft mitzuteilen und um weitere Instruktionen zu bekommen. Der Funkkanal war überaus beschäftigt und es waren sicherlich vier andere Boote in Kontakt mit der Marina. An die 15 versuchten gleichzeitig im Hafen Schutz zu finden. Als wir dann nach ca. 5 Minuten Bescheid bekommen haben, dass wir den Hafen passieren dürfen und vor der Tankstelle warten sollen, waren wir sehr froh, denn mittlerweile hat es begonnen zu regnen und die schwarze Wand war nicht mehr weit entfernt.

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Das Unwetter zog genau über Andratx, wo unser Hafen war.


Bei der Tankstelle wurde uns mitgeteilt, dass wir noch auf unseren Marinero warten müssen, welcher uns sowohl den Liegeplatz zeigt als auch die Heckleinen abnehmen wird. Direkt vor uns war ein leerer Liegeplatz und wir vermuteten schwer, dass dies wohl unser Platz sein wird. Jedoch war kein Marinamitarbeiter weit und breit in Sicht. Pascal meinte nur noch zu dem zuständigen Mitarbeiter an der Tankstelle, dass er jetzt eine Entscheidung brauche, ansonsten würden wir den Hafen wieder verlassen. Es regnete bereits in Strömen und der Wind hat mit bis zu knapp 30 Knoten aufgefrischt. Zu unserem Glück waren auf der Yacht, welche neben dem leeren Liegeplatz war, Bootshandwerker, welche das Rigg am erneuern waren. In diesem Moment haben uns die Jungs auf der Swan 56 bereits zugerufen wir sollen kommen, sie würden uns beim Anlegemanöver zur Hand kommen. Wir zögerten keinen Augenblick und Pascal manövrierte unsere Alegre mit Meisterhand in den Liegeplatz. Just in dem Moment als wir die beiden Heckleinen an Land vertaut hatten, fegte das Gewitter über uns drüber. Es schüttete in Kübeln kurz darauf fing es an zu hageln und der Wind blies mit knapp 50 Knoten über uns.




Eindrücke direkt nach dem Hafenmanöver.


Als das Boot sicher angemacht war, ging ich direkt unter Deck. Denn der Kleine weinte fürchterlich und dies bereits seit wir in den Hafen eingefahren sind. Für ihn war es das erste Gewitter mit Blitz und Donner, was für in selbstverständlich ziemlich beängstigend war, da er es nicht einordnen konnte, was es ist und welche Gefahren dies birgt. Und genau in diesem Moment mussten wir uns beide an Deck befinden, um uns um das Anlegemanöver zu kümmern. Mein Mama Herz hat geschmerzt. Ich war so froh, als wir das Boot sicher im Hafen hatten und ich mich um Kiano kümmern konnte. Glücklicherweise hat er sich bei mir ziemlich schnell wieder beruhigt, wich mir jedoch für die nächste Stunde nicht von der Seite. Ganz viel kuscheln war angesagt. Pascal sicherte in der Zwischenzeit das Boot. Nach knapp 30 Minuten war das Gewitter vorüber und der Wind liess nach. Nur der Regen blieb konstant. Nachdem Pascal oben alles final gesichert und alle Leinen und Fender nochmals überprüft hat, kam er triefend nass zu uns unter Deck. Wir entschieden uns kurzerhand dazu einen "Picknick-Zmittag" zu machen.

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Unser "Zmittag" nach dem Hafenmanöver.


Denn wir alle waren hungrig. Anschliessend hat Pascal noch mit Louis, welche im Norden in einer Marina abgewettert haben, telefoniert. Sie waren froh, dass wir sicher im Hafen angekommen sind. Denn er hat uns mitgeteilt, dass ein guter Freund von ihm in Ibiza bei Formentera vor Anker war, wo der Wind mit knapp 80 Knoten geblasen hat und mehrere Boote an den Strand gespült wurden, darunter auch eine Luxusyacht. Wir sind definitiv um eine Erfahrung reicher. Wir haben super als Team funktioniert. Im Nachhinein betrachtet, können wir stolz sein wie wir in dieser Notsituation gehandelt haben. Als einziges würden wir in Zukunft wohl dreister sein und nicht auf das Go der Marina warten sondern direkt in den freien Liegeplatz fahren.


Am Donnerstagmorgen packten wir den Kleinen in die Tragi und wir machten barfuss einen Regenspaziergang durch den Hafen und genossen die kühleren Temperaturen. Direkt in der Nähe der Marina hatte es einen tollen Kinderspielplatz auf welchem wir viel Zeit verbracht haben. Kiano hat es sichtlich genossen sich frei bewegen zu können und viele neue unbekannte Sachen auszuprobieren.

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Yipy schaukeln.

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Was für eine Freude.


Auch für uns war es sichtlich entspannt sich einfach hinzusetzen und den Zwerg zu beobachten. Nicht wie auf dem Boot, wo wir stets in der Nähe sein müssen, da er ansonsten allenfalls ungeplant baden gehen würden, was wir natürlich gerne vermeiden würden. Ebenso ganz ohne Bewegung herumzukrabbeln und hochzuklettern hat ihm richtig gut getan. Übrigens hat er einige Bekanntschaften gemacht auf dem Spielplatz und es war schön zu sehen, wie er mit anderen Kindern umgeht.

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Kiano und Bly am spielen.


Wir haben dann kurzerhand eine Nacht verlängert und sind bis am Samstag, 17. August in der Marina geblieben. Wir konnten unsere Wäsche waschen, den Frischwassertank auffüllen, den Kühlschrank füllen sowie das Boot gründlich waschen. Somit waren wir am Samstag wieder bereit für eine längere Zeit auf dem Wasser. Am Morgen machten wir uns auf den Weg in ein gemütliches Kaffee zum Frühstück mit einem letzten Halt auf dem Spielplatz bevor es zurück aufs Boot und raus aus dem Hafen ging. Wir nutzten den Wind und segelten unter Vorsegel knapp 6 Meilen weiter südöstlich in eine Bucht, wo wir nun das perfekte Wetterfenster abwarten um Mallorca hinter uns zu lassen und nach Ibiza zu segeln.


Bis dahin "Servus und Tschüss."

 
 
 

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